28. Juli 2011

Wie man seinen ersten Urlaubstag in Ungarn verbringen kann

Am nächsten Tag gehe ich den Großeinkauf für den Urlaub machen (Milch, Butter, Kaffee und all die Sachen, die schwer oder gar nicht oder total überteuert in Ungarn zu bekommen sind) und stehe dann pünktlich bei Mutter vor der Tür, die bereits alle ihre Gepäckstücke vor die Tür gestellt hat. Nun geht es darum, alles so zu verstauen, damit das Gepäck von Tochter und Enkel auch noch Platz findet. Da Mutter in Ungarn ein Haus für drei Wochen gemietet hat, müssen wir nicht im Mobil schlafen, sondern nutzen es nur als Transportmittel. Das erleichtert die Sache ungemein. Das Gepäck wird kurzerhand im Alkoven verstaut, so dass so wenig wie möglich Belastung auf der hinteren Achse liegt. Der Depp aus der TÜV-Werkstatt hat zwar bemerkt, dass die Luftfedern hinüber sind, die vor dem Besuch der Werkstatt in Ordnung waren, aber sie auch nicht repariert. Bei der horrenden Rechnungssumme, die ich am Ende bezahlt habe, bin ich jetzt schon gespannt auf das klärende Gespräch!
Eine halbe Stunde später holen wir den Rest der Besatzung ab und es kann losgehen.
Die erste lange Tour mit meinem Dicken! Ich freue mich auf das Unterwegssein.
Meine Mutter fungiert als Navigator. Sie ist diese Tour seit Jahren mit meinem Vater jeden Sommer gefahren, um sechs Wochen in einem Kurbad in Ungarn zu verbringen. Nun will sie nach dem Tod meines Vaters nicht mehr alleine dorthin fahren, aber sich trotzdem noch einmal ein Besuch in diesem Bad gönnen und so lud sie uns kurzerhand ein mitzukommen. Sie übernimmt die Unterbringungs- und Badkosten, ich das Benzin.
Wir fahren abends los, um möglichst allen Staus unterwegs zu entgehen. So sehen wir zwar nicht sehr viel von der Landschaft, aber Muttern will nachts unterwegs sein, um möglichst kein Risiko einzugehen, Das kann ich nicht ganz nachvollziehen, denn tagsüber sehe ich doch am besten?! Aber sie meint wohl weniger Staus, also weniger Verkehr.
Naja, wenn die Kinder müde werden, sollen sie sich eigentlich schlafen legen können. Das ist im Wohnmobil ja nun, wo der Alkoven voll bepackt ist, nur noch durch umständliches Umbauen der Sitzecke möglich, da sie hinten auf dem Doppelbett nicht während der Fahrt schlafen sollen. Das ist nämlich mir wiederum nachts zu gefährlich, weil die LKWs immer sehr dicht auffahren, bevor sie unser langsames Vehikel überholen. Und nachts kann man sich nun mal eher bezüglich der Entfernung zum Vordermann verschätzen als tagsüber. Nun gut, dann also ab in die Nacht.
Kaum haben wir die ersten vier Kilometer der Stadtautobahn in Berlin hinter uns, rufen die Kinder auch schon nach der Provianttasche. Das hätte ich mir ja denken können. Das ist altes Ritual in unserer Familie: kaum sind wir zwei Kilometer unterwegs, schreit die Brut nach Futter! Egal, ob sie gerade vorher etwas gegessen haben oder nicht. Eine längere Autofahrt verursacht bei jedem im Clan sofort ein Hungerödem! Es überrascht mich wenig, dass Muttern wieder einmal Proviant für zehne mit hat. Meine Tasche ist auch für sechse gepackt, also werden wir unterwegs nicht verhungern. Sie packen aus, futtern und vergnügen sich unterwegs mit Spielchen, bis sie müde werden.
Unterwegs! Ich bin unterwegs!
Wir fahren auf der A13 Richtung Cottbus bis Lübbenau, dann auf die E55 über Dresden bis zur tschechischen Grenze Zinnwald-Georgenfeld – Cinovec.
Von der Landschaft bekomme ich zwar gar nichts mit während der Nacht, das macht aber nichts. Deutschland ist schön, aber für mich sind die anderen Länder interessanter, die ich noch gar nicht kenne. Einmal fahren wir nachts von der E55 runter und halten auf einem Feldweg, um die Betten für die Kinder zwischen Wasserkanistern, Töpfen, Provianttaschen, Milchsteg und Katze zu bauen. Mehr oder weniger bequem können sie etwas schlafen.
Frühstück gibt es in Tschechien auf einer Raststätte. Beim Tanken hab ich mich glatt übers Ohr hauen lassen: n halben Tank für 65,-€! So teuer habe ich noch nie getankt. Ich wunderte mich zwar über das große Palaver, was einige Männer an der Kasse mit dem Kassierer veranstalteten, da ich aber kein Wort verstand, dachte ich, die unterhalten sich halt immer so laut. Das bin ich von den Türken in Berlin gewohnt. Die meisten Südländer sind halt etwas „engagierter“ beim Reden. Also stakste ich zur Kasse, sagte meine Säulennummer an, der Kassierer rechnete auf dem Taschenrechner um in Euro und ich bezahlte brav. Erst beim Frühstück auf dem Rastplatz dann fällt mir der horrende Preis auf. Ich war wohl in der Fremde, in der ich kein Wort verstehe und mich erst mit der Situation vertraut machen muss, zu aufgeregt, um einen Preis auszuhandeln. Denn das haben scheinbar die anderen Typen an der Kasse neben mir getan. Nun gut, Lehrgeld gezahlt, das passiert mir nicht wieder.
Seit Grenzüberschritt in Tschechien klebt nun eine erste Vignette an meiner Windschutzscheibe.
Tschechiens Landschaft finde ich nicht sehr anders als die deutsche. Eben weniger Landwirtschaft als bei uns. Wir fahren die E55 weiter über Prag, wechseln auf die E65 über Brno und Bratislava und sind ziemlich schnell durch, um an der Grenze zur Slowakei die nächste Plakette aufzukleben.
Österreich wollen wir meiden, weil Mutter Tunnel nicht mag und uns das teure Pflaster in Österreich noch aus vergangenen Kindertagen bekannt ist.
Dem Dicken ist es der Entdeckung der Langsamkeit wert, uns an den tschechischen Bergen alt aussehen zu lassen. Von weitem sehen diese Erhebungen gar nicht so hoch aus, die Autobahn schmiegt sich als graues Band sachte in die hügelige Landschaft. Mein Dicker is einfach mal langsam!
Höchstgeschwindigkeit 80 km/h… da kann man sich vorstellen, wie der bei jeder Erhebung oben ankommt. Teilweise wäre Laufen wohl schneller gewesen. Das beinhalten dann auch die endlosen Witze, die wir zwischen all dem Gelächter beim Hinaufkriechen mit 10 – 20 km/h machen: „Na, wer steigt aus und läuft mit dem Gepäck den Berg rauf, um oben auf uns zu warten? Dann ist der Wagen wenigstens leichter!“ Wir bepinkeln uns vor Lachen.
Ob die Truckfahrer das ebenso witzig finden möchte ich bezweifeln, aber da die Straßen dreispurig sind, haben sie zumindest keine Probleme, uns zu überholen.
Am Grenzübergang zu Ungarn (bei Rajka) können wir keine Stelle ausfindig machen, an der wir eine Vignette kaufen können, so fahren wir erst mal ohne weiter. Wahrscheinlich hätte Mutter auch einfach eine direkt beim Zoll an der Grenze kaufen können. Egal, wir fahren eh die B1 über Györ, die B8 über Vasvar, nach Zalaegerszeg über Bak, Pacsa nach Zalakaros über die Landstraßen weiter. Gegen 16 Uhr kommen wir in Zalakaros an. Das Städtchen ist… na halt ein Städtchen. Alles Ein- bis Zweifamilienhäuser, zwei Hotels, ein paar Restaurants, Läden und das große Bad, um das sich hier alles dreht. Die Häuser um das Bad werden alle als Ferienhäuser vermietet, die Eigentümer wohnen in den benachbarten Dörfern oder in den weiter vom Bad entfernteren Häusern in Zalakaros.
Mutter erklärt uns jede Straße, jedes Haus, das sie noch von ihren vorherigen Besuchen kennt und führt uns ziemlich sicher zum Ferienhaus in einer Straße direkt dem Bad gegenüber. Das ist praktisch, muß man nicht mit den Badesachen so lange hinlatschen.
Die Vermieterin ist bereits im Haus Maria und begrüßt uns, obwohl wir ca. 2 Stunden vor der vereinbarten Zeit ankommen, um uns das Haus zu zeigen. Ok, es ist kein einzeln stehendes Haus, wie auf der Internetseite angegeben, sondern eine kleine Doppelhaushälfte, aber wir schauen erst mal alles an. Die Besitzerin verabschiedet sich sehr schnell noch während der Besichtigung, meint, halb deutsch, halb ungarisch, sie käme in einer Woche wieder, um nach uns zu sehen und läßt uns ihre Telefonnummer im Nachbarort da.
Ich überlasse den anderen erst einmal die Innenbesichtigung und suche selbst nach einer Parkmöglichkeit für den Dicken. Es ist keine da! Die Grundstücke hier sind alle nur ca. 500 bis 800 qm groß und haben nur einen kleinen Stellplatz für einen PKW auf dem Hof vor den Häusern. Unser Haus ist so ziemlich das Kleinste im Ort, auf dem Stellplatz vor dem Haus findet lediglich ein Kleinwagen bequem Platz, ein Kombi würde bereits Schwierigkeiten mit dem Tor bekommen. So parke ich den Dicken erst mal vor dem Tor auf der schmalen Straße. Er paßt genau vor die Breite des Grundstücks ohne die benachbarten Grundstücke zuzustellen und läßt auch die andere Straßenseite frei. Schmal wie ´n Handtuch die Grundstücke hier.


 Zudem ist fraglich, ob ich überhaupt auf´s Grundstück käme, selbst wenn ein großer Hof vorhanden gewesen wäre. Denn alle Straßen haben hier Gräben vor den Häusern mit kleinen Übergängen zu den jeweiligen Auffahrten. Bei der Enge der Straße würde ich niemals in einem so engen Winkel auf ein Grundstück fahren können ohne mit dem Dicken im Graben zu landen.
Ich lade den Wagen aus, bringe die Gepäckstücke ins Haus und schaue in lange Gesichter. Mutter und Tochter haben inzwischen das Haus besichtigt und legen los: das ist kein Vier-Personen-Haus, sondern ein Zwei-Personen-Haus, da nur ein Schlafzimmer oben und eine ausziehbare Couch im Durchgangs-Esszimmer unten vorhanden sind, die Kaffeemaschine ist für vier kleine Tassen angelegt, das Haus ist total dreckig, dunkle Haare verteilen sich im Bad, die Küchenschubladen und deren Inhalt starren vor Schmutz, die Toiletten wagt man gar nicht anzuschauen und sowieso is echt scheiße hier.
Ok, beratschlagen, was machen wir? Bleiben, selber putzen, ich nächtige im Wagen vor der Tür und die Vermieterin gibt uns einen Teil unseres Geldes wieder? Oder nach einer anderen Bleibe suchen! Der Vorteil des Hauses liegt klar auf der Hand: es ist in der unmittelbaren Nähe des Bades, es ist bereits bezahlt und wir bekommen vielleicht etwas von dem Geld wieder, wenn wir der Vermieterin auf die Füße treten. Ob wir so schnell in der Saison ein anderes adäquates bekommen ist fraglich, wenn dann wohl viel weiter entfernt. Ok, wir bleiben. Ich putze Bad und Gästetoilette durch, die anderen packen ihre Sachen aus. Mutter wird auf der Couch unten und die Kinder oben im Schlafzimmer schlafen.
Der Dicke bekommt seinen Stromanschluß, Verlängerungskabel hab ich immer dabei, und dann verbringen wir den Abend auf der großen Terrasse, das einzig Sinnvolle an diesem Haus, allerdings auch der einzige Platz, der zum Aufenthalt von mehr als zwei Menschen bleibt, bis die Mücken und die Müdigkeit uns übermannen. Ich verziehe mich in meinen Wagen.
Die anderen sind natürlich bereits wach als ich zum Frühstück auf der Terrasse erscheine. Muttern war sogar schon beim Bäcker und hat frische Brötchen besorgt, klasse. Die weißen Dinger sehen zwar lecker aus, stellen sich aber als trocken, spröde und krümelig heraus. Gibt halt nirgendwo so gutes Brot wie in Deutschland. Nun gut, macht nichts, die Sonne lacht, es sind sommerliche Temperaturen, das Bad erwartet uns. Und Mutter kann es gar nicht schnell genug gehen, das wir da endlich hinkommen. Ok, Badesachen eingepackt und losgestiefelt. Das sieht bestimmt lustig aus, wie wir vollgepackt mit Liegestuhl, Klappliege, Sonnenschirm, Rucksäcken, Decken, Schwimmring und Kühltasche die Straße runterziehen. Aber Mutter meinte, das muß alles mit, das braucht man da. Ich krieg schon fast ´n Anfall, wenn ich daran denke, dieses Zeug jeden Tag hin- und herzuschleppen. Ich brauch ´n Badeanzug und ´n Handttuch, was soll ich mit dem Kram? Sie beruhigt mich: es gibt so etwas wie Dauerkabinen im Bad, die man für die Dauer des Urlaubes mieten kann. Ok, wir werden sehen. Der Buggy vom Enkel muß solang als Kutsche für unseren Kram herhalten. Das Enkel protestiert zwar, weil es nun laufen muß, lässt sich aber auch gerne von Mama tragen. Ich schiebe die Kutsche und versuche mit Mutters Tempo Schritt zu halten. Sie rennt! Sie rennt durch ihr ganzes Leben. Ich kenne sie nur rennend, egal wohin es geht. Ein Besuch im Museum wäre mit ihr nur möglich, wenn man darauf verzichtet sich die Exponate anzuschauen und Fotos zu machen. Frei nach dem bekannten Film „Lola rennt“ heißt ihr Lebensfilm „Mutter rennt“. Wir rennen also die Straße hinunter.
Am Ende kommen wir über einen kleinen Marktplatz, auf dem einige Holzstände stehen, von denen nur vier besetzt sind. Dahinter befindet sich ein langgezogenes flaches Gebäude, in dem Restaurants und Läden untergebracht sind. Wir müssen natürlich über diesen Markt, um zu sehen, was es da gibt. Alte Weiblein preisen Honig, Früchte, Nüsse, Bohnen und ´ne Menge verschiedenster Marmeladen an. Lecker, wir kommen auf dem Rückweg noch mal vorbei und werden uns mit Honig eindecken erklären wir. Im Flachbau gehen wir in einen dieser Läden, in dem, wie in den meisten anderen, der aktuelle Tageskurs für die ungarischen Forint angeschrieben steht. Wir tauschen 162 zu 1.
Mutter macht uns darauf aufmerksam, dass wir unbedingt eines von diesen Dingern für jeden mitnehmen müssen, die an der Kasse an langen Schnüren an einem Haken hängen. Ich schau sie mir an und weiß nicht, was ich damit soll: bunte längliche Plastikbehälter mit ca. 3 cm Durchmesser, mit Deckel, aufschraubbar, an einer Kordel, um sie sich um den Hals zu hängen. Was ist das? Mutter erklärt: das sind wasserdichte Behälter, in die man sein Geld stecken muß, damit man es immer bei sich hat und es einem nicht geklaut wird. Ich glaub, ich schaue ziemlich dämlich. Ich weiß nicht, ob ich einfach höflich „Nein, danke.“ sagen soll und damit Gefahr laufe, ihre Beteuerungen, dass man so ein Ding uuunbedingt haben muß im Bad, über mich ergehen lassen soll oder ob ich rundheraus sagen soll, was ich von diesem bescheuerten Dingern halte. Tochter, diplomatisch wie immer, hat mich natürlich schon längst durchschaut (mein Gesichtsausdruck ist auch gar nicht anders zu deuten, nur Mutter begreift es natürlich wieder nicht), nimmt zwei von den Dingern und kauft sie für sich und Enkel. Muttern ist befriedigt; wenigstens einer nimmt hier ihre Sorge um unser Wohl ernst. Ich kümmere mich derweil um eine halbe Melone, die hier in Massen verkauft werden, um sie als Proviant mit ins Bad zu nehmen. Wir haben ja noch nicht genug zu schleppen.
Durch einen Hausdurchgang eines Hotels kommen wir auf den schön angelegten Vorplatz mit blühenden Büschen, Beeten und einemMusikpavillon. Aus den Augenwinkeln sehe ich einige Klamottenläden, die diesen Platz umsäumen. Wie gut, dass wir einfach zu bepackt sind, um da Töchterchen mal „kurz schauen“ zu lassen.
An der Badkasse löst Mutter eine Karte für uns alle für das Freibad und die Kabine für zwei Wochen. Sie bekommt für jeden von uns Einzelkarten. Ich schaue mir inzwischen die aufgehängten Schilder an und verstehe kein Wort von dem was ich da sehe. Meine Frage nach Gruppen- oder Familientarif geht im allgemeinen Gewusel unter. Aufgeregt scheucht uns Mutter durch die Schranke, an der alle Karten abgestempelt werden und rennt zum Kabinenhaus.
Das Bad ist ein riesiges Gelände mit verschiedenen Badebecken, mehreren Duschhäusern, Restaurants, Eisständen, Kabinenhäusern und Touristenläden. Nebenan befindet sich der Hallenkomplex, dessen Benutzung aber extra bezahlt werden muß. Wir haben nicht vor im Hochsommer in die Halle zu gehen, also reicht uns das riesige Freibad, in dem sich auch eines der berühmten Schwefelbäder befindet, wegen denen Mutter hier ist.
Wir bekommen unseren Kabinenschlüssel am Kabinenhaus gleich hinter dem Eingang, ziehen uns in der Kabine um und laufen mit unseren Kram los, um einen guten Platz zu ergattern. Tochter kann natürlich nicht an den Klamottentouriläden vorbei ohne einen Blick auf die bunten Sachen zu werfen. Ich scheuche sie, bepackt wie wir sind, weiter und vertröste sie auf später.
Es ist Samstag, das Bad scheint mir ziemlich voll zu sein. Das kann ja was werden! Wo ich doch solche Menschenansammlungen liebend gern meide.
Zwischen einem großen Nichtschwimmerbecken mit Rutsche und einem Babybecken breiten wir hinter einem Garderobengestell und einigen Duschen auf einer Wiese unter einem Baum zwischen Maulwurfshügeln unsere Decke aus. Hinter uns befindet sich auch ein kleiner Spielplatz. Paßt! Das Enkel ist damit rundum beschäftigt. Mutter zieht wieder nach vorne an ihr Schwefelbecken mit ihrem Liegestuhl und weiß nun wo wir zu finden sind.
Tochter geht mit Enkel ins Babybecken und ich sitze hier auf der Decke und weiß nicht so recht, was ich hier soll. Was tu ich mir eigentlich hier an? Ich, die ich immer jegliche Bäder und Menschenansammlungen meide, höchstens mal mit den Kindern an einen See zum Baden gehe und die Füße ins viel zu kalte Wasser stecke, hab hier nun beide Katastrophen auf einmal: Schwimmbad und Menschenauflauf. Ich glaub mir wird schlecht… Was hat mich dazu getrieben, auf die Frage nach diesem gemeinsamen Urlaub ja zu sagen? Es wird die lange Fahrt gewesen sein, die mich reizte. Ich bin doch so liebend gerne unterwegs. Scheinbar fehlt mir die Fähigkeit langfristig zu denken. Die Fahrt war viel zu kurz! Und natürlich werden wir hier drei Wochen im Bad verbringen. Das war ja der Sinn dieser Reise für Muttern. Was soll´s, vielleicht sollte ich mit diesem Urlaub ja lernen einfach einmal nichts zu tun. Das fällt mir sichtlich schwer.
Ich verlege mich auf´s Beobachten der Leute um mich herum, die für meinen Geschmack alle viel zu laut sind.
Hier scheint man sich ob seines Körperumfanges keine Gedanken zu machen. Entweder lässt die Tatsache, dass man zum Baden hier ist, die Speckrollen und runden Bäuche nebensächlich erscheinen oder die gehen einfach lockerer damit um. Bewundernswert! Bin halt immer noch geprägt von unseren deutschen Schönheitsidealen. Nicht, dass ich mich darum kümmern würde, aber meine Pfunde auf den Hüften nerven mich halt schon manches Mal; beim Hosenkauf z.B. Vor Jahren hatte ich mal einen Laden in Berlin ausfindig gemacht, in dem konnte ich mir Hosen nach Auswahl einer bestimmten Größe kaufen. Paßte immer! Ohne Anprobieren, ohne viel Federlesens, gekauft, angezogen, passt. Nichts da! Das ging zwei Jahre gut und dann war der Laden weg. Ein großer schluckt einen kleinen und schon finde ich keine passende Hose mehr. Danke, ihr Hirnis! Wär ja auch zu schön gewesen, wenn mal ein Kunde zufrieden gewesen wäre. Aber das können die nicht ertragen, Kunden haben gefälligst keine eigenen Wünsche zu haben. Kundenwünsche müssen erst von den Unternehmen geweckt werden, um dann von diesen Unternehmen befriedigt zu werden. Und das hat seinen Preis natürlich, denn die PR, um die neuen Kundenwünsche erst mal zu wecken, muß ja auch bezahlt werden. Pack, blödes!

Im runden Babybecken plantscht inzwischen Enkel freudig mit seinen mitgebrachten Duplofahrzeugen, Tochter sitzt auf dem Rand und beobachtet ebenfalls. Wenn unsere Blicke sich treffen, muß ich nicht lange raten, was sie denkt. Nachher werden wir ordentlich ablästern. Das ist ebenfalls Ritual. Sie nennt es ja „reflektieren“. Ok, mir recht, also wir erfassen eine Situation durch Besprechen des Erlebten. Das kann man meinetwegen nennen, wie man will.
Als sie sich neben Enkel ins Wasser kniet, um ihm zu helfen das Dach seines Treckers wieder zu befestigen, kommt doch glatt ´n Bademeister an und redet auf sie ein. Sie versteht natürlich kein Wort von seinem Kauderwelsch. Er macht ihr Zeichen aus dem Becken zu gehen, also setzt sie sich wieder an den Rand. Was soll denn diese Aktion? Da fällt mir ein Schild auf, das neben den Fußbecken vor dem Babybecken befestigt ist und auf dem auch auf deutsch steht, dass der Aufenthalt für Erwachsene im Babybecken verboten ist. Hä? Hier nimmt doch wohl niemand an, dass ein babyloser Erwachsener ins flache kniehohe Babybecken schwimmen geht. Und die mit Kindern werden doch wohl noch mit ihren Kindern gemeinsam plantschen dürfen. Nee, dürfen sie hier nicht. Was befürchten die? Daß das Becken zu klein ist? Daß die Großen ins Becken pullern? Was soll das?
Da kann ich nur den Kopf schütteln und mir eines von diesen knochentrockenen Brötchen auspacken, die wir uns vom Frühstückstisch mitgenommen haben. Boah, sind die trocken, da braucht man´n Liter Wasser dazu, sonst kriegt man die gar nicht runter.
Die Sonne knallt ganz schön. Ich werd mal ´n bisschen im großen Nichtschwimmerbecken plantschen gehen. Enkel kommt mit und Tochter kann sich trocknen lassen. Das Wasser geht mir bis unter die Brust und ist so pupwarm, dass ich zuerst denke, Enkels Windel ist undicht. Dem ist aber nicht so und ich glaube fast, im Wasser zu schwitzen. Wat´n Erlebnis! So bringt Baden natürlich keine Abkühlung vor der sommerlichen Hitze.
Wir legen uns auf die Decke, Enkel ruht sich aus und Tochter und ich lesen. Gott sei Dank haben wir an Lektüre gedacht, ich wäre vor Langeweile sonst gestorben.
Nach ´ner halben Stunde quäkt plötzlich in völlig überhöhter Lautstärke ein Lautsprecher los, der fast über uns an einem Mast hängt. Mir fällt fast das Buch aus der Hand, Tochter fährt zusammen und Enkel quäkt natürlich aus dem Schlaf gerissen auch entsprechend los. In drei Sprachen, ungarisch, englisch, deutsch, wird uns nun kundgetan, was wir alles für Leistungen im Bad erwarten können. Das einzige, was ich mir merken konnte, war die „Schokolad-massaasch“. Na, die laß ich mir aber nicht von euch, sondern von ausgesuchten Männerhänden angedeihen, ihr Deppen!
Schon mal wach, vertilgen wir die halbe Melone. Muttern darf wegen ihrem Zucker eh keine essen und so verputzen wir das ganze Stück. Da kommt sie schon angerannt, natürlich mit einem dieser bunten Plastikröhrchen um ihren Hals, und holt uns zum Mittagessen ab. Mit dem baumelnden Ding vor der Brust sieht sie ein bisschen aus wie eines dieser Kinder, die alleine reisen und denen man die Adressdaten um den Hals hängt, damit sie nicht verloren gehen. Na, Muttern wird hier schon nicht verloren gehen.
Wir werfen uns ein Strandkleid über, laufen durch´s Bad, schauen uns an, was man in den Läden kaufen kann und gehen in ein Restaurant. Eher Schnellimbiß. Man geht an eine Luke, bestellt und setzt sich mit dem Essen an einen der Bierklapptische. Mutter preist uns die berühmten Langosch an. Mir ist bei solchen Gelegenheiten nie klar, ob die wirklich berühmt sind oder ob Mutter sie für berühmt erklärt, weil sie die gut findet. Ok, probieren wir die Dinger. Man bekommt dann einen total fettigen ausgebackenen großen dicken Teigfladen auf einer Pappe, auf den Knoblauch-Sauerrahm geklatscht wird. Enkel will unbedingt einen Eierkuchen mit Schoki. Ich muß mindestens zweimal noch zur Luke, um genügend von diesen hauchdünnen Servietten zu holen, weil uns das Fett massenhaft von der Pappe tropft. Ok, haben wir die auch einmal probiert. Ich glaub, Mutter ist etwas beleidigt, weil ich ihre berühmten Langosch nicht genügend würdige. Enkel hat einen hauchdünnen Eierkuchen bekommen, der mir dünner als die Papierservietten erscheint. Zusammengerollt würd ich den einmal einatmen und fragen wo der Eierkuchen bleibt. Na, sag ich doch, Enkel hat zwei große Haps gebraucht, also wird noch einer geordert. Zum Trost bekommt das Enkel von Muttern noch ein Eis auf dem Rückweg zur Decke. Wir auch. Bestimmt weil die Langosch nicht so gut bei uns ankamen. Mütter…!
Ich kann kaum glauben, dass ich nun noch den ganzen Nachmittag hier in der Langeweile aushalten soll. An den restlichen Urlaub mag ich gar nicht denken! So viele Bücher gibt es ja gar nicht in Ungarn, um das heil zu überstehen. Ich hab doch ein Buch schon an einem Tag aus. Das wären dann wohl mindestens 20 Bücher, die ich noch bräuchte. Bisher hab ich keinen einzigen Laden entdeckt, der Bücher anbietet. Ok, Tochter hat zumindest schon mal eines mit, das ich noch nicht gelesen hab, können wir später ja tauschen.
Die Lautsprecherstimme unterbricht mich jäh in meinen Überlegungen und schreit uns etwas Ungarisches entgegen, das wohl nur für Badmitarbeiter gedacht war, sonst hätte die das noch in deutsch und englisch übersetzt. Ich flüchte zum Schwimmerbecken am Eingang des Bades, nehme Handtuch und Portemonnaie mit. Mir wird nichts geklaut, noch nie. Habe bisher nur aus eigener Schusseligkeit etwas verloren, aber bin noch nie beklaut worden. Und an das Märchen der klauenden Ungarn oder Urlauber glaub ich nicht. Da passen bestimmt auch die vielen Bademeister mit auf. Die können sich so einen Skandal gar nicht erlauben in so einem Bad. Und richtig, kaum am fast menschenleeren Becken angelangt, spazieren zwei Uniformierte vorbei. Kann mir zwar nicht vorstellen, dass diese Uniform die der örtlichen Polizei sein soll, aber selbst wenn hauseigene Security anwesend ist, schreckt das potentielle Diebe schon mal ab.
Das Wasser des Schwimmerbeckens ist eiskalt. Natürlich kommt es mir bestimmt kälter vor als es in Wirklichkeit ist, aber mich kostet es einige Überwindung unterzutauchen. Nach zwei Bahnen schwimmen verzieh ich mich frierend wieder. Je heißer die Umgebungsluft ist, desto kälter kommt mir das Wasser vor. Nichts für mich. Auf dem Rückweg zur Decke schau ich noch in einem Laden vorbei und erstehe einer dieser lustigen Pumphosen, die den Schritt in den Kniekehlen haben. Solch eine suche ich schon lange, für 20,- € kann ich die mal mitnehmen.
Den Tag bringen wir mit Faulenzen und Plantschen mit Enkel rum bis gg. 18 Uhr Muttern auftaucht, um uns zum Abendbrot auf der häuslichen Terrasse abzuholen.
Abends rufen wir noch die Vermieterin an, nachdem wir nach langem Hin und Her endlich die richtige Vorwahl herausgefunden haben, und sprechen ihr auf den Anrufbeantworter, dass wir sie in den nächsten Tagen zu einem Gespräch erwarten, weil wir mit dem Haus unzufrieden sind.

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